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Friedrich Güll

​

Das Büblein auf dem Eise

​

Gefroren hat es heuer

noch gar kein festes Eis.

Das Büblein steht am Weiher

und spricht zu sich ganz leis:

"Ich will es einmal wagen,

das Eis, es muß doch tragen.

Wer weiß!"

 

Das Büblein stapft und hacket

mit seinem Stiefelein.

Das Eis auf einmal knacket,

und krach! schon bricht′s hinein.

Das Büblein platscht und krabbelt,

als wie ein Krebs und zappelt

mit Arm und Bein.

 

"O helft, ich muß versinken

in lauter Eis und Schnee!

O helft, ich muß ertrinken

im tiefen, tiefen See!"

Wär′ nicht ein Mann gekommen -

der sich ein Herz genommen,

o weh!

 

Der packt es bei dem Schopfe

und zieht es dann heraus,

vom Fuße bis zum Kopfe

wie eine Wassermaus.

Das Büblein hat getropfet,

der Vater hat′s geklopfet

es aus

zu Haus.

​

​

Matthias Claudius

 

 

Ein Lied
hinterm Ofen zu singen.



Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
Und scheut nicht Süß noch Sauer.

Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Drang und warmen Klang
Und alle warme Sachen.

Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn’s Holz im Ofen knittert,
Und um den Ofen Knecht und Herr
Die Hände reibt und zittert;

Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
Und Teich’ und Seen krachen;
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Denn will er sich todt lachen. –

Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beym Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.

Da ist er denn bald dort bald hier,
Gut Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren

Robert Reinick

​

Januar

​

Wohin man schaut, nur Schnee und Eis,
der Himmel grau, die Erde weiss!

​

Hei, wie der Wind so lustig pfeift,

hei, wie er in die Backen kneift!

​

Doch meint er's mit den Leuten gut!
erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.

​

Ihr Stubenhocker, schämet euch,
kommt nur heraus, tut es uns gleich!

​

Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn,
da hebt erst recht der Jubel an!

Wolfgang Müller von Königswinter

 

Fastnacht


Lust’ge, lust’ge Fastnachtszeit!
Heute jubeln alle Leut’,
Heute sind wir alle toll,
Alle bunter Scherze voll.

Zieht die Schellenkappen um,
Hänget bunte Kleider drum!
Keiner kennt uns mehr heraus:
Welt ist wie ein Narrenhaus.

Räuber kommen wild heran,
Ritter reihen stolz sich dran,
Die Zigeuner fehlen nicht,
Schäfersmann ist jener Wicht.

Aus Tyrol kommt der Gesell,
Jener aus dem Land des Tell.
Wenn ich doch ein Türke wär’!
Seht, dort trollt sogar ein Bär!

Auf der Geige auf dem Baß,
Auf der Flöte spielt der Spaß.
Kunterbunten Maskenscherz
Treiben froh wir allerwärts.

Lust’ge, lust’ge Fastnachtszeit!
Heute jubeln alle Leut’,
Heute sind wir alle toll,
Alle bunter Scherze voll.

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